Ich habe dich vermisst
Ich habe dich vermisst
Katharina Lang
Ein bewegender Roman um eine Jugendliebe – aus der Romanheftreihe „Fleur Landromantik“
Georg Reuter, der größte Obstbauer im Dorf, versäumt es in seiner Sturheit, seinen Betrieb den Gegebenheiten der modernen Zeit anzupassen. Er tyrannisiert seine Familie und seine Landarbeiter und führt seinen Betrieb mit harter Hand.
Sein älterer Sohn Andreas verlässt nach einem heftigen Streit und der Uneinsichtigkeit des Vaters von einem Tag zum anderen das Gut und lässt seine Jugendliebe Eva ohne ein Wort des Abschieds zurück. Eva fühlt sich alleine gelassen und verliert auch noch ihre Arbeit.
Es muss viel passieren, bis das Schicksal Andreas nach Hause ruft. Schnell holt ihn die Vergangenheit ein, und er merkt, wie sehr er Eva noch liebt. Ob sie ihm verzeihen kann? Eine bewegende Geschichte rund um die Gefühle der Liebe in einer ländlichen Umgebung.
Leseprobe
Eva saß am Küchentisch, sie dachte über das Angebot des Bauern nach. Seit ihrer Entlassung vor drei Monaten hatte sie noch keine Arbeitsstelle gefunden, auch nicht in einer Fabrik, obwohl sie alles versucht hatte. Ihre letzte Hoffnung war jetzt der Hotelneubau. Aber auch das war nicht sicher. Ein so anspruchsvolles Haus, wie das werden sollte, würde bestimmt keine ungelernten Kräfte einstellen.
Sie dachte an ihre Kindheit zurück. Fast jeden Tag war sie auf dem Obstgut Reuter gewesen. Mit Andreas, dem älteren Sohn, war sie zur Schule gegangen, mit ihm hatte sie ihre erste große und einzige Liebe erlebt, die sie niemals vergessen und auch niemals überwinden würde. Sie hatten sich damals jeden Nachmittag am See getroffen und sich dort auch zum ersten Mal zart geküsst. Ewige Treue hatten sie sich geschworen. Sie waren unzertrennlich gewesen, und jeder hatte geglaubt, dass aus ihnen das Traumpaar schlechthin werden würde.
Träumerisch dachte sie auch jetzt wieder an diese Zeit zurück, die so bitter geendet hatte. Denn eines Tages war Andreas einfach so verschwunden, ohne sich von ihr zu verabschieden. Sie hatte zwar erfahren, dass der Bauer ihn hinausgeworfen hatte, doch sie hatte nie verstanden, warum sich Andreas nicht die Zeit genommen hatte, wenigstens noch einmal mit ihr zu sprechen. Sie hätte ja noch verstanden, wenn er sich später einmal bei ihr gemeldet hätte. Doch sie hatte nie wieder etwas von ihm gehört. Deshalb war sie nun bitter enttäuscht, denn sie hatte geglaubt, dass nichts, aber auch gar nichts sie beide trennen könnte.
Ihre Liebe trug sie seitdem in ihrem Herzen, obwohl sie sich keinen Illusionen mehr hingab. Sie glaubte nicht mehr daran, Andreas jemals wiederzusehen. Und nun suchte sein Vater eine Magd. Es war genau das, was sie konnte und was sie liebte. Sie hatte nie etwas anderes gelernt und immer gearbeitet, damit die Familie genügend zu essen hatte. Es war ihr bewusst, dass sie ihre Zukunft für ihre Eltern und Geschwister geopfert hatte. Wie sonst hätte man sich erklären können, dass eine moderne, junge Frau keinen Beruf erlernt hatte, sondern eine alte, zunehmend verschwindende Tätigkeit, nämlich die der Magd, ausübte.
Ja, Georg war ein schwieriger Mensch, und jetzt, wo er sich nicht um seine kranke Frau kümmerte, wollte niemand mehr etwas mit ihm zu tun haben. Doch sie hatte keine andere Wahl. Eine Fabrik war ihr zuwider, abgesehen davon, dass sie dort auch keine Arbeit bekommen würde. Mägde wurden auch gar nicht mehr gebraucht, weil es immer weniger Bauern gab, mit Ausnahme natürlich der Saisonarbeit.
»Mit dem Alten werde ich schon fertig, ich bin genauso stur wie er. Ich muss die Arbeit annehmen. Dort kann ich wirtschaften, wie ich es für richtig halte, bekomme freie Kost und eine Kammer. Das Gehalt brauchen wir dringend, Mama. Spätestens nächsten Monat beginnt der Winter, und dann wird Papa bestimmt nichts mehr verdienen. Ich mache es.«
E-Book: ISBN 978-3-740710781